Die Puppe von m-lena
Auf dem alten Markt hinter den weiten Wiesen in dem kleinen Dorf Betzenstein gab es viele große Stände mit verschiedenen Köstlichkeiten aus allen Ländern, Spielzeug, Süßigkeiten und bunten Kuscheltieren.
Mary Klick hieß die Frau, die man kaum zwischen den zottligen Stofftieren sah. Sie hatte zerzauste, rote Haare, eine kleine runde Nase, die aussah wie ein Flummi, große, schöne blaue Augen und einen roten Knutschmund. Sie war immer sehr bunt gekleidet. Außer sonntags. Denn sonntags war der Tag der Farbe. Manchmal hatte sie dann nur grüne Sachen an. So wie ihre Stofffrösche und Stoffdinosaurier. Und manchmal hatte sie auch grüne Fingernägel. Aber am liebsten trug sie Rot. So rot wie ihre Haare und ihr Mund.
Denn rot steht für die Liebe und am meisten liebte sie ihr Kind. Ihren Sohn Jim. Doch Jim ist eines Tages nicht mehr nach Hause gekommen. Das war vor dreizehn Jahren. Nun stand sie Tag für Tag auf dem Markt und verkaufte Stofftiere. Natürlich liebte sie alle ihre Kuscheltiere, nur leider konnten die nicht mit ihr reden oder mal einen Witz erzählen.
Sie hätten auch nicht mal mit ihr in die Lieblingsgaststätte von Mary Klick gehen können, um echte italienische Spaghetti zu essen. So war Mary immer noch auf der Suche nach ihrem Sohn und trug hin und wieder sonntags ihr rotes Kleid.
Zwischen all den Stofftieren saß eine Puppe. Sie hatte sie von einem Mädchen geschenkt bekommen. Einfach so. Mary nannte sie Red Jimmy, da die Puppe einen roten Pullover trug, ein Junge war, rot ihre Lieblingsfarbe war und Jim hieß doch ihr Sohn. Und wenn Mary nachts ihren Stand zudeckte und nach Hause ging, schien die Puppe zu leben. Die Augen funkelten im Mondschein und blitzten ab und zu auf.
Eines Tages nahm Mary Klick wie jeden Morgen die Plane ab und wunderte sich das Jimmy nicht wie gewohnt zwischen Teddy und Kätzchen saß, sondern ganz vorne, daß jeder ihn sofort sah. Da Red Jimmy aber ihr bestes Stück war, setzte sie ihn gleich wieder zurück an seinen alten Platz.
Der Tag verlief so wie immer. Es war ein Samstag. Mary verdiente nicht viel aber sie mochte es gerne wenn Kinder zu ihr kamen und sie ihnen Tag für Tag Geschichten erzählen konnte. Kurze und lange, lustige und traurige aber natürlich auch sehr schöne Geschichten.
Am nächsten Morgen, Sonntagmorgen, deckte sie wieder die Plane auf. Und wieder saß Red Jimmy nicht auf seinen Platz. Natürlich wollte sie nicht, daß jemand auf Jimmy aufmerksam wird und ihn kauft. Deshalb setzte sie ihn ein weiteres Mal zurück auf seinen Platz. Sie beschloß diese Nacht am Stand zu bleiben und zu beobachten was passieren würde.
Es war schon am späten Nachmittag und die Eltern gingen mit ihren Kindern nach Hause. Viele Verkäufer waren schon dabei ihre Stände zuzudecken. Dann ging die Sonne unter und Mary Klick war alleine auf dem Markt hinter den weiten Wiesen.
Plötzlich knisterte etwas. Die Plane bewegte sich und sie konnte sehen das es Jimmy war. Er war tatsächlich lebendig. Konnte er denn auch sprechen? „Hallo Red Jimmy“, flüsterte sie. Sofort lag die Puppe wieder starr da. „Jimmy?“, fragte sie noch einmal vorsichtig und stupste ihn an. „Hallo Mama“, sagte eine kindliche Stimme. „Ich bin’s, Jim“ - Mary hielt die Luft an. Konnte es wirklich sein?
Nun fing Red Jimmy an zu erzählen: „Als ich vor dreizehn Jahren wie immer zur Schule durch den Wald ging fand ich eine Puppe, sie hatte einen roten Pullover an. Ich hob sie auf und sie sprach zu mir: „Schau in meine Augen und ich erfülle dir einen Wunsch.“ Als ich das tat, war da ein sehr helles Licht und ein lauter Knall - ich konnte meine Finger und meine Beine nicht mehr bewegen. Ich war auf einmal ganz klein und steckte in dem Körper dieser Puppe.
Dann sagte ein Mädchen: „Ich heiße Anna. Es tut mir leid, aber ich muß zu meinen Eltern, sie warten schon seit dreizehn Jahren auf mich, ich war in der Puppe eingesperrt.“
„Aber jetzt bin ich wieder bei dir Mama“, sagte Red Jimmy, ach nein es war ja Jim.
Sie waren wieder zusammen und Jimmy bekam einen wunderschönen Platz an Marys Stand. Gleich neben ihr baute sie einen kleinen Thron mit roten Polstern und roten Kissen.
Mary Klick erzählte die Geschichte den Kindern aus ihrem Dorf und die erzählten sie den Kindern aus dem nächsten Dorf und immer so weiter.
So kam es das diese Geschichte in ganz Betzenstein verbreitet wurde und auch sonst in allen Ländern dieser Welt.
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